Herforder Landrat Jürgen Müller, Prof. Barbara Schwarze und Vlothoer Bürgermeister Rocco Wilken bei der Verleihung im Rathaus Vlotho., Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber
FH #Bielefeld: Prof. Barbara Schwarze hat für ihr Streben nach Chancengleichheit das Bundesverdienstkreuz erhalten
Bielefeld (fhb) Feierliche Zeremonie im Rathaus von Vlotho: Im Namen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verlieh der Herforder Landrat Jürgen Müller Prof. Barbara Schwarze am vergangenen Dienstag das Verdienstkreuz am Bande. Schwarze, die aus Vlotho stammt, wurde die Ehrung zuteil aufgrund ihres erfolgreichen jahrzehntelangen Strebens für die Chancengleichheit zwischen Mädchen und Jungen sowie Frauen und Männern – ein Engagement, das heute besonders in ihrer Arbeit für das Bielefelder Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V. (kompetenzz) zum Ausdruck kommt. Der Verein ist ein An-Institut der Fachhochschule (FH) Bielefeld, Schwarze ist hier nicht nur Mitbegründerin, sondern steht als kompetenzz-Vorstandsvorsitzende auch an der Spitze des Zentrums.
Besonderer Fokus auf MINT-Fächer
»Frauen im Ingenieurstudium«, »Girls‘ Day« und kompetenzz – das sind nur einige der Initiativen und Projekte, die Barbara Schwarze im Lauf ihrer langen und erfolgreichen Karriere entwickelt und umgesetzt hat. Im Zentrum stand dabei in zahlreichen unterschiedlichen Facetten das Thema Gleichberechtigung der Geschlechter in Ausbildung und Beruf. Über Jahrzehnte hat Schwarze dafür gewirkt, dass Mädchen in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) besser Fuß fassen. Zuletzt konzentrierte sie ihr Engagement zunehmend auf die Felder digitale Transformation und Diversität.
In der Region zuhause: Bielefeld, Münster, Osnabrück
Schwarze studierte Soziologie, Pädagogik und Psychologie an der Universität Bielefeld und engagierte sich hier schon früh im Ausschuss Lehre, um Veränderungen anzustoßen. Nach dem Studium arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der zentralen Studienberatung der Universität Münster, später wurde sie Referentin für Chancengleichheit im Frauenbüro der Universität Osnabrück. Seit 2007 ist Barbara Schwarze hauptberuflich als Professorin für Gender und Diversity Studies an der Universität Osnabrück in der Fakultät Ingenieurwissenschaften und Mathematik tätig. Darüber hinaus ist die Soziologin Mitglied in weiteren Gremien, Mitautorin zahlreicher bundesweiter und regionaler Studien und bietet Unterstützung auf dem Weg in eine digitale Gesellschaft.
Mithilfe der FH Bielefeld entsteht »kompetenzz«
»Besonders hat mich schon früh das Thema ‚Menschen und Technik‘ interessiert«, sagt die frisch Geehrte. Bereits 1994 entwickelte Schwarze an der FH Bielefeld als wissenschaftliche Projektleiterin gemeinsam mit der damaligen Frauenbeauftragten und dem Fachbereich Maschinenbau einen Bund-Länder-Modellversuch zum Thema »Frauen im Ingenieurstudium an Fachhochschulen«. »Die Forschung zu der Frage, welche Unterschiede, aber auch welche Gemeinsamkeiten zwischen und innerhalb der Geschlechter auszumachen sind, hat mich immer schon besonders interessiert.«
Nahezu zeitgleich weiteten das damalige Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, die Deutsche Telekom AG und die damalige Bundesanstalt für Arbeit ihre Initiative »Frauen geben Technik neue Impulse« deutlich aus. Barbara Schwarze wurde mit der Leitung der Koordinierungsstelle beauftragt. Aus der Initiative wurde 1999 ein Verein, aus dem 2005 das Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit hervorging. Dieses An-Institut der FH Bielefeld hat sich seitdem zu einem der bundesweit wichtigsten Zusammenschlüsse zur Förderung von Chancengleichheit und Vielfalt in Wirtschaft und Gesellschaft entwickelt.
Aktueller Digitalisierungskongress: ein Gemeinschaftsprojet von FH und kompetenzz
Bis heute sind Barbara Schwarze und kompetenzz der FH nicht nur rein institutionell eng verbunden. »Zahlreiche Projekte haben wir gemeinsam umgesetzt, zum Beispiel auf dem Gebiet Diversity oder auch auf dem Gebiet der Digitalisierung«, erinnert sich die Preisträgerin. Ausdruck dessen ist unter anderem ganz aktuell der Fachkongress »Digitale Innovationen«, ein Kooperationsprojekt von FH und kompetenzz.
Herausragendes Engagement für den »Girls‘ Day«
Eine ganz besondere Leistung stellt Barbara Schwarzes Engagement für den »Girls‘ Day« dar, der 2001 zum ersten Mal stattfand und Mädchen die Chance gibt, für einen Tag ins Berufsleben hineinzuschnuppern. Girls‘ Day findet als Mädchen-Zukunftstag jährlich am vierten Donnerstag im April statt, wird von den Bundesministerien für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und bietet Schülerinnen viele Informationen und Kontakte im MINT-Bereich. »Sie lernen das praktische Umfeld und Kontaktpersonen kennen und können sich selbst in Feldern erproben, die sie sonst nicht kennen gelernt hätten«, so Prof. Schwarze. »Gleiches gilt für die beteiligten Unternehmen, die so möglicherweise späteren Nachwuchskräften begegnen. Auch die Schulen profitieren vom Aktionstag, denn viele binden ihn in ihre Studien- und Orientierungsangebote ein.«
Tatsächlich erhält jedes dritte teilnehmende Unternehmen von den Teilnehmerinnen Nachfragen zu Praktikumsmöglichkeiten und in jedem zweiten Unternehmen erkundigen sich die jungen Frauen nach Ausbildungsplätzen oder Studienmöglichkeiten. Ein Beispiel, das international Schule gemacht hat: Mittlerweile findet der Mädchen-Zukunftstag in 30 verschiedenen Ländern statt. Und es hat sich mittlerweile ein Pendant für Schüler, der sogenannten »Boys’ Day«, etabliert. Aufgrund der Erfolge des Kompetenzzentrums mit dem »Girls‘ Day« und der Vielzahl der eingebundenen Netzwerke, Schülerinnen und und Organisationen gibt es Menschen, die Barbara Schwarze nur noch »Mrs. Girls‘ Day« nennen.
Plädoyer für interdisziplinäre Forschung
Neben ihren beruflichen Tätigkeitsbereichen engagiert sich Professorin Schwarze auch ehrenamtlich. So ist sie zum Beispiel Mitglied des Präsidiums und Schatzmeisterin der »Initiative D21«. Hierbei handelt es sich um Deutschlands größtes Netzwerk für die »#Digitale #Gesellschaft«. Dort werden digitale Chancen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen unterstützt wie auch Anforderungen und Bedürfnisse an digitale Dienstleistungen und Entwicklungen erhoben. Schwarze ist Vorsitzende des Beirats des Fachkongresses »WoMenPower«, einem Karrierekongress für Frauen im Rahmen der Hannover Messe, und sie engagiert sich in bundesweiten Ingenieur- und Informatikgesellschaften wie auch im Nationalen MINT-Forum. »Ausbildungen und Studiengänge in MINT sind vielfach noch zu stark an Technologien orientiert und zu wenig auf die Bedarfe und die Einbeziehung der vielfältigen Kundinnen und Kunden- sowie Nutzerinnen- und Nutzergruppen ausgerichtet«, so die Hochschullehrerin. »Dazu fehlt es häufig an Kenntnissen über die Vielfalt, die es innerhalb spezifischer Gruppen gibt, so zum Beispiel ältere Menschen, Menschen mit geringen Bildungsvoraussetzungen, Menschen aus anderen Kulturen und den dazu zählenden Geschlechteraspekten.« Ihr Fazit: »Technikwissenschaften benötigen mehr Interdisziplinarität!«
Eines ist sicher: Ihre Motivation, #Gesellschaft zu verstehen und zu verändern, dabei innovativ zu agieren und Menschen miteinander zu vernetzen, wird die frischgebackene Trägerin des #Bundesverdienstkreuzes auch weiterhin antreiben.
Über das Kompetenzzentrum «Technik-Diversity-Chancengleichheit«
Das Bielefelder Kompetenzzentrum »Technik-Diversity-Chancengleichheit« (»kompetenzz«) ist seit seiner Gründung im Jahr 1994 ein An-Institut der FH Bielefeld. Entstanden aus der Initiative »Frauen geben Technik neue Impulse« – die vom damaligen Ministerium für Bildung und Wissenschaft, von der Deutschen Telekom AG und der damaligen Bundesanstalt für Arbeit gefördert wurde – entwickelten sich schnell bedeutsame und öffentlichkeitswirksame Projekte wie beispielsweise das Projekt »Frauen ans Netz«. Hier erhielten Frauen kostenlose Einführungen in das Internet von Frauen für Frauen. Primäres Ziel der Initiative und des späteren Vereins ist, die Beteiligung und Vernetzung von Frauen in technischen und naturwissenschaftlichen Ausbildungen, Studiengängen und Berufen zu stärken.
Weitere Aufgaben wie die Vernetzung, Beratung, Information der Öffentlichkeit sowie Entwicklung und Umsetzung zielgruppenorientierter Projekte und Maßnahmen kamen hinzu. Hervorgegangen ist in dieser Zeit auch der »Girls‘ Day«, ein bundesweiter Berufsorientierungstag für Schülerinnen, sowie das Pendant für Schüler, der »Boys‘ Day«. Damit die strategische Ausweitung der Aktivitäten in den Bereichen Diversity und Chancengleichheit auch im Vereinsnamen sichtbar wurde, erfolgte 2005 die Umbenennung in »Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit«. Heute hat kompetenzz über 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.