Von Westfalen in die Südsee: Priesterdichter August Erdland wird neu entdeckt
Der 1874 in Oelde geborene Bauernsohn August Erdland ging im Jahre 1900 für gut zehn Jahre als Missionar in die Südsee. Auf den Marshallinseln, gut 13.000 Kilometer von seiner Heimat entfernt, wurde er zum Schriftsteller. Zugleich wurde die Inselgruppe im fernen Ozeanien, nördlich von Australien gelegen, für ihn zu einer zweiten Heimat. Gleich zwei neue Veröffentlichungen widmen sich nun dem Leben und Werk des Priesterdichters: Seine Sammlung »South Sea Sketches – Südseeskizzen«, die zunächst 1922 in englischer Sprache in Boston erschienen war und nun erstmals in deutscher Übersetzung vorgelegt wird, sowie Erdlands Berichte aus den Monatsheften der Hiltruper Missionare.
Die Schriften des Ethnologen und Sprachwissenschaftlers fanden seinerzeit in der Fachwelt großen Anklang. Zugleich verfügte der Autor aber auch über eine besondere literarische Ader. Während seine wissenschaftlichen Untersuchungen sachlich abgefasst sind, präsentiert sich der Autor in seinen Südsee-Skizzen als unterhaltsamer Erzähler, der auch manche Anekdote einfließen lässt. Das gilt auch für seine Beiträge in Missionszeitschriften, die ein anschauliches Bild der Missionsarbeit vor Ort bieten. Zugleich kommt Erdland als Reiseschriftsteller zu Wort. Er beschreibt den beschwerlichen Weg von Hiltrup bis zur Inselhauptstadt Jaluit, wo Erdland nicht nur als Seelsorger, sondern auch als Pädagoge tätig war.
Seine Berichte zeigen, wie beschwerlich, aber letztlich auch erfüllend das Leben eines Missionars war. Erdland liefert dabei realistische und keine schöngefärbten Porträts der Inselwelt, die alles andere als ein Paradies darstellte und mit vielen Problemen zu kämpfen hatte. Anders als viele Entdeckungsreisende lehnte Erdland das Überlegenheitsgefühl vieler weißer Kolonialisten ab und stellte die Insulaner in einem positiven, sympathischen Licht dar.
Landrat Dr. Olaf Gericke ließ sich auf dem Kulturgut Haus Nottbeck ausführlich über Leben und Schaffen Erdlands informieren. Anlass war die dort gezeigte aktuelle Ausstellung »Die Welt in der Tasche. Expeditionen ins Ungewisse«, in deren Zusammenhang die Wiederentdeckung Erdlands stattfand: »Es ist doch immer wieder überraschend, welche literarischen Schätze, zumal aus Westfalen, auch heute noch gehoben werden können«, so Gericke. Museumsleiter Prof. Walter Gödden betonte Erdlands literarische Ader: »Der Mann konnte wahrlich mit der Feder umgehen, zugleich bereichern seine Ausführung die aktuellen kritischen Debatten über die deutsche Kolonialgeschichte.«
Der Förderverein des Kulturguts und Alexander Erdland, Nachfahre des Schriftstellers, beteiligten sich an der Drucklegung der beiden neuen Veröffentlichungen, die von der Literaturkommission für Westfalen realisiert wurden. Erschienen sind beide Taschenbücher im Bielefelder Aisthesis Verlag zum moderaten Preis von je zehn Euro.
Weitere Informationen unter Telefon (02529) 9497900 und www.kulturgut-nottbeck.de …