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In der Pflege-WG „Haus im Pfarrgarten“ der Diakonie Gütersloh in Friedrichsdorf ist viel los. Im Bild: Rosemarie Aue, Leiterin der Pflege-WG (links) und Maltherapeutin Karina Kremers-Jeggle (rechts) mit Bewohnerin Emmi Huwald. Foto: Diakonie Gütersloh, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

Wo Schützen den Seniorinnen Ständchen bringen

Zum Schützenfest bringen gleich zwei Musik-Kapellen der Pflege-WG »Haus im Pfarrgarten« ein Ständchen. Waldorf-Schüler bauen ein Hochbeet, und auch sonst ist einiges los am Milanweg 29 in Friedrichsdorf. Dort hat die Diakonie Gütersloh das Pilotprojekt »Quartiersarbeit« gestartet. Gefördert wird es aus Mitteln der Kollekte der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) mit 3.470 Euro. Das Vorhaben läuft bis Ende März 2020.

Drei Seiten wollen zusammen ein Konzept für das Wohnviertel entwickeln und umsetzten: Neben der ambulant betreuten Pflege-WG sind das die Diakoniestation Friedrichsdorf – sie befindet sich im selben Gebäude – und Partner aus dem Ort. Der TuS Friedrichsdorf zählt zum Netzwerk, die Feuerwehr, die Schützen, die Grund- und die Freie Waldorfschule Gütersloh, aber auch andere Gruppen wie die Kindergärten, Arztpraxen und einzelne MitbürgerInnnen. Das »Haus im Pfarrgarten« dient mit seinen großen Aufenthaltsräumen und Außenbereichen als offenes Haus für alle Projekt-Beteiligten.

Später sollen aus dem Modell-Projekt »Best-Practice-Empfehlungen« abgeleitet werden, für andere Diakoniestationen und ambulant betreute Pflege-Wohngemeinschaften im Kirchenkreis Gütersloh und im DiakonieVerband Brackwede.

Vertraute Umgebung hilft bei der Orientierung

»Wir leben ruhig, aber mittendrin.« So lautet seit der Eröffnung 2008 das Motto der Pflege-WG »Haus im Pfarrgarten«. »Die 17 BewohnerInnen sind zwischen 78 und 93 Jahren alt«, sagt WG-Leiterin Rosemarie Aue. Die meisten von ihnen weisen neurologische oder psychiatrische Erkrankungen auf. Umso wichtiger ist für die demenziell veränderten Menschen eine vertraute Umgebung, das Gefühl, sich orientieren zu können und wohl behütet zu sein. Mitten in Friedrichsdorf kennen sie die Nachbarschaft und die Wege, bekommen häufig Besuch von Angehörigen, Freunden und Ehrenamtlichen, die sich um sie kümmern.

Heimatverein spendete Bank zum »Verschnaufen«

Einige SeniorInnen können weiter eigenständig in Friedrichsdorf spazieren gehen. So wie der einzige Herr im Haus, der liebend gern im Ort unterwegs ist. Oder wie die Frauen, die reihum ihre Nachbarinnen oder auf dem Friedhof die Gräber ihrer Verstorbenen besuchen. Unterwegs machen sie eine Pause auf der Sitzbank am Milanweg. Gespendet hat sie der Heimatverein.

Donnerstags geht es mit dem Bollerwagen zum Wochenmarkt. Elke Müther, die Organisatorin des Wochenmarktes rund um die Johanneskirche, hat den Bollerwagen im Herbst zum »Einkaufskorb der Woche« gekürt.

Für sichere Gehwege: Ortsbegehung mit Rollstuhl

Integration im Quartier bedeutet aber weit mehr, wie die folgenden Beispiele zeigen: Um die Gehwege im Ort für die SeniorInnen verkehrssicher zu machen – etwa durch Absenken der Bordsteine – hat WG-Bewohnerin und Rollstuhl-Fahrerin Margarethe Dorn mit Dorothea Hohmeyer vom Arbeitskreis Sozialraum, Michael Wewer vom Fachbereich Stadtplanung und Bauordnung der Stadt Gütersloh, Alfons Buske, Fachbereichsleiter Tiefbau, und Rosemarie Aue eine Ortsbegehung unternommen. »Dabei zeigten sich viele Barrieren und Hindernisse«, berichtet Rosemarie Aue. »Hoffentlich werden sie zeitnah beseitigt.«

Die »alten« Sportfreunde besuchen

Schon seit 2009 organisiert der TuS Friedrichsdorf zweimal pro Woche in der Pflege-WG ein besonderes Bewegungsangebot. Der Kontakt zwischen beiden Seiten ist besonders eng, zumal einige »alte« Sportfreunde im Haus leben. Und er trägt Früchte: Im Januar 2019 erhielten die Pflege-WG und der TuS Friedrichsdorf vom Landessportbund NRW das Gütesiegel »anerkannte Projektpartner Bewegende Alteneinrichtung und Pflegedienste«.

Privatmann organisiert Ausflüge

Einzelne Friedrichsdorfer leisten ebenfalls einen Beitrag für mehr Lebensqualität der WG-Bewohner. Regelmäßig kommt zum Beispiel ein Mann aus dem Dorf mit seinem privaten Pkw vorbei. Dann unternimmt er Ausflüge mit je zwei bis drei Bewohnern zum Botanischen Garten in Gütersloh, zu Faschingsfeiern oder Musikveranstaltungen in der Neuen Schmiede in Bielefeld-Bethel.

Ebenfalls eine feste Tradition: Zum Pickert-Essen gehen viele BewohnerInnen mit Begleitpersonen ins Café Zimmermann mitten im Ort.

Viel Freude bei der »Tortenschlacht«

Eine feste Tradition ist das alljährliche Kaffeetrinken mit dem aktuellen Thron der Friedrichsdorfer Schützen. »Diese Tortenschlacht – denn es sind sehr viele Torten – und gute Gespräche machen allen Spaß«, hat Rosemarie Aue erlebt. Ein Gläschen Likör, Sekt oder auch ein Bier gehören dann dazu. So viel Lebensfreude scheint zu überzeugen, denn »so mancher Schütze will sich auf der Warteliste der WG vormerken lassen.«

Praxis-Konzept dient auch anderen Einrichtungen

Mit den aktuell bewilligten Fördermitteln werden nach Angaben von Rosemarie Aue unter anderem Veranstaltungen und Kurse finanziert wie ein »Letzte Hilfe-Kursus«, der Grundwissen zur Sterbebegleitung vermittelt, oder auch eine Märchenstunde mit BewohnerInnen und geladenen Gästen aus der Kirchengemeinde.

Das Quartierskonzept Friedrichsdorf hat schon jetzt eine Vorbild-Funktion für uns«, sagt Björn Neßler, Vorstand der Diakonie Gütersloh. »Sowohl die Pflege-WG ›Haus im Pfarrgarten‹, als auch die Diakoniestation werden als Orte der Begegnung wahrgenommen. Die Ansätze lassen sich weiter ausbauen und in abgewandelter Form hervorragend auf unsere anderen WGs in Gütersloh, aber auch auf die WGs und Altenheime unserer Tochtergesellschaft in Brackwede übertragen.
 
Gütsel
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